Fuerteventura

Tag 5 – Donnerstag

Langsam gewöhne ich mich an das Alleinsein. Gestern Nachmittag unter den Palmen mit cooler Musik aus Renees Kite-Center, das hatte schon was von Lebensqualität. Insbesondere in Verbindung mit den eisgekühlten Longdrinks lässt sich das ganz gut aushalten. Ich glaube, das wird mein Lieblingsplatz. Bin heute schon wieder dort und tue so, als ob ich wichtige Mails checken müsste. Im Hintergrund sülzt Lana del Ray ihr bittersüßes „Summertime Sadness“. Passt in diesem Fall genau. „Kiss me before you go“, seufzt sie verführerisch, aber leider ist Niemand zum Küssen da. Außer dem schwulen Barkeeper, aber das geht dann doch zu weit.

Abends demütigt dann Borussia Dortmund im zweiten Halbfinale mit 4:1 die königsblauen Kicker von Real Madrid. Der Fernsehkommentator ist fassungslos Die stolze Seele des Spaniers liegt in Scherben am Boden. Am Pool tritt dafür ein stolzer Spanier mit braungebrannter, gockelhaft geschwellter Brust als Animateur auf. Wassergymnastik für alle Altersklassen! Ich trete reflexartig den Rückzug an.

animation im hotelpool

Heute steht mir wieder ein anstrengender Tag bevor: Nach dem Frühstück relaxen, Zeitung lesen, an den Strand, relaxen, Mittagsschlaf, an den Pool, relaxen. Ach, süße Langeweile, nimm mich in deine warmen Arme und lass mich nie wieder los!

Nachmittags nehme ich den Bus ins Zentrum von Costa Calma. Zentrum? Welches Zentrum? Das Shopping Center entpuppt sich als Ansammlung von indischen Straßenhändlern, die chinesische Designermode zu überhöhten Preisen an den Mann bringen wollen. Direkt daneben eine Arztstation, mit kostenlosem Blutdruckmessen im Angebot. Ideal für die hier vorherrschende Altersgruppe. Eine Apotheke wirbt damit, rezeptfrei günstiges Viagra und andere Wundermittel zu verkaufen; ein echtes Schnäppchen für den Mann im fortgeschrittenen Alter.

Auf dem Rückweg nehme ich einen kostenlosen Drink in irgendeiner All-Inclusive-Hotelbar am Strand – ich tue einfach so, als ob ich hier hergehöre und es funktioniert. Den Trick habe ich aus dem Agententhriller, den ich gerade lese. Nicht fragen, einfach handeln.

Während ich auf dem Balkon meines Hotelzimmers vor mich hin gammle und lese, steht plötzlich unangemeldet die Putzfrau neben mir und fragt, ob alles ok sei. Und das, obwohl ich demonstrativ mein „Do not disturb“-Schildchen gesetzt habe! Ich glaube, die haben Anweisung von oben, ab und zu mal nachzuschauen, ob nicht Jemand Schimmel ansetzt in seinem Zimmer. Herzkasper wegen Altersschwäche, beispielsweise. Gut, dass ich mich doch dafür entschieden habe, meine Kleidung auch im Zimmer anzubehalten.

Gesprächsfetzen vom Nachbartisch beim Abendessen:

Sie: „Gell, Schatzi, heute kommt nicht schon wieder Fußball im Fernsehen?“ Er: „Nö, leider nicht“. Sie verdreht die Augen, als er sich grummelnd auf den Weg zum Buffet macht. Schön, wenn man sich so gut versteht!

7 Kommentare zu „Fuerteventura“

  1. Da bin ich gespannt, wie es weiter geht. Ob Jack seinen Folterern entkommen kann?

    Und natürlich auch dein Urlaub… *grins*

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  2. So, bin eben zu ende gekommen… Ich habe zu spät bemerkt, dass die ganzen sechs Seiten ein (!) Beitrag sind… Jeden Tag entspannt am Strand wandern, da lässt sich die Einsamkeit mit der Zeit doch aushalten 🙂

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    1. Ja, die viele Zeit ganz alleine war anfangs ungewohnt, aber dann ganz entspannend. Und letztendlich war das der erste Urlaub, in dem ich vor lauter Langeweile auf die Idee kam, meine Erlebnisse aufzuschreiben…

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  3. So beginnt es also… die längste Reise.
    Wobei, eine geschlossene Schneedecke ziehe ich einem Vulkanausbruch vor. Aus der Ferne mag er ja ganz interessant aussehen, aber wenn man näher herankommt, dann wird es allmählich ungemütlich. Das mag auch für den Schnee gelten, der im Winter fehlte und sich ins Frühjahr mogelt. Aber da ist ein großer Unterschied.

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