Fuerteventura

Tag 2 – Montag

08:00 Uhr. Ich wache mit dickem Kopf auf – mit dem Wein muss ich wohl demnächst etwas vorsichtiger sein. Ich hatte mich bis in die frühen Morgenstunden mit Lucy und ihrer Freundin auf meinem Zimmer vergnügt. Wie die beiden in mein Zimmer kamen, ist mir im Nachhinein nicht mehr ganz klar, vielleicht hat mich der Wein unvorsichtig gemacht.

War das eine Nacht – kaum war ich mit Lucy nach mehreren Runden fertig, machte sich ihre Freundin an mich ran. Licht an, Licht aus, Licht an, Licht aus. Die Moskitos hier sind wirklich clever – sobald das Licht angeht, sieht man keine Spur mehr von ihnen. Heute muss ich unbedingt die Gesellschaft von Menschen suchen. Den Stechmücken Frauennamen zu geben, ist ein ernstes Anzeichen für beginnenden depressiven Realitätsverlust. Lucy fand ich als Namen ganz passend, weil die Mücke genauso fies war, wie ihre Namensvetterin bei Peanuts.

Heute Abend bin ich mit Torsten zum Abendessen verabredet. Torsten ist diesmal kein Insekt, sondern der Dresdner, der mit mir im Bus war. Ebenfalls Singlereisender, von daher können wir uns vielleicht gegenseitig aus der Patsche helfen.

12:00 Uhr. Inzwischen hat der Wind gedreht. Aus den fast vierzig Grad Saharaluft wurde dreiundzwanzig Grad Atlantikwind. Und schon macht die Insel ihrem Namen alle Ehre: der Wind ist so stark, dass man sein Handtuch festknoten muss. Und jetzt kriechen auch die Sportler aus ihren Löchern: Am bislang menschenleeren Strand kämpfen an die fünfzig Kite-Surfer um den ultimativen Sprung. Dazwischen Windsurfer und Wellenreiter aller Arten.

kitesurfer am strand

Tag 3 – Dienstag

Das Abendessen mit Torsten beruhigt mich wieder. Er macht schon immer alle Urlaube allein und findet das lustig. Beruflich ist er Nachtportier, wahrscheinlich ist er da an Einsamkeit gewöhnt. Stolz präsentiert mir Torsten die drei Bananen, die er am Nachtischbuffet im harten Nahkampf gegen andere Sachsen erbeuten konnte. Ich dachte eigentlich, diese Zeiten hätten wir hinter uns, aber ein Changeprozess ist eben ein Marathon und kein Sprint.

Uhrzeiten spielen keine Rolle mehr, hier verschwimmt alles im süßen Nichtstun. Ich habe aufgehört, mich zu rasieren und der Putzfrau gesagt, dass sie bis zu meiner Abreise nicht mehr in mein Zimmer kommen soll. Braucht man überhaupt Kleidung, wenn man den ganzen Tag im Hotelzimmer bleibt? Hmm.

Heute steht wieder Strandspaziergang auf dem Programm. Ich stelle fest, dass ich neulich nachts nur um einen weiteren Felsvorsprung hätte gehen müssen, um zu den anderen Hotels zu kommen. Mir wird auch klar, warum der Rückweg nachts dann so schwierig war. Ebbe und Flut, das ist die Lösung. Am späten Abend wird hier einiges unter Wasser gesetzt, was am frühen Nachmittag bequem und trockenen Fusses erreichbar ist. Moses lässt grüßen.

In einer der Sandbuchten entdecke ich eine Kolonie FKK-ler. Einige ältere Semester sind so hemmungslos, dass mir fast die gerösteten Erdnüsse wieder hochkommen. Man sollte eine Bekleidungspflicht ab einer gewissen Alters- und Gewichtsgrenze einführen. Das ist doch Umweltverschmutzung! Jemand müsste Greenpeace informieren, damit die eine Rettungsaktion für gestrandete Wale ankurbeln! Und dann erst die Wirkung auf die Kinder – denen vergeht die Lust auf Sex für immer, wenn die sowas sehen. Andererseits – ein paar knackige Mädels waren auch dabei, aber da hab ich natürlich nicht hingeschaut. Habs praktisch nur aus dem Augenwinkel erahnt. Ähm, Themawechsel…

Beim abendlichen Buffet gibt es Spanferkel, das mich vom Aussehen doch sehr an die Nacktbader erinnert. Mir vergeht der Appetit. Wieder bewahrt mich der Rotwein vor einer Sinnkrise. Der Kellner wird mein bester Freund. Er hat so einen verständnisvollen, wissenden Blick.

In meiner Verzweiflung schaue ich die zweite Halbzeit Championsleague Halbfinale Bayern gegen Barcelona im spanischen Fernsehen an. Das Spiel endet 4:0 für Bayern, der spanische Kommentator steht offensichtlich kurz vor dem Herzstillstand, obwohl ich kein Wort verstehe. Aber Manches muss man auch nicht verstehen, und versteht es trotzdem…

7 Kommentare zu „Fuerteventura“

  1. Da bin ich gespannt, wie es weiter geht. Ob Jack seinen Folterern entkommen kann?

    Und natürlich auch dein Urlaub… *grins*

    Like

  2. So, bin eben zu ende gekommen… Ich habe zu spät bemerkt, dass die ganzen sechs Seiten ein (!) Beitrag sind… Jeden Tag entspannt am Strand wandern, da lässt sich die Einsamkeit mit der Zeit doch aushalten 🙂

    Gefällt 1 Person

    1. Ja, die viele Zeit ganz alleine war anfangs ungewohnt, aber dann ganz entspannend. Und letztendlich war das der erste Urlaub, in dem ich vor lauter Langeweile auf die Idee kam, meine Erlebnisse aufzuschreiben…

      Gefällt 1 Person

  3. So beginnt es also… die längste Reise.
    Wobei, eine geschlossene Schneedecke ziehe ich einem Vulkanausbruch vor. Aus der Ferne mag er ja ganz interessant aussehen, aber wenn man näher herankommt, dann wird es allmählich ungemütlich. Das mag auch für den Schnee gelten, der im Winter fehlte und sich ins Frühjahr mogelt. Aber da ist ein großer Unterschied.

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar