Meine erste Singlereise – und mein allererster Reisebericht
Tag 0 – Samstag. Packen und Anreise
07:00 Uhr. Als meine Augen sich an diesem zwanzigsten April des Jahres 2013 widerwillig öffnen, fällt mir die ungewöhnliche Helligkeit auf, die von draußen ins Schlafzimmer des angehenden Singlereisenden drängt. Die Sonne kann das eigentlich nicht sein, denn die wurde hier in diesem Teil Deutschlands schon lange nicht mehr gesehen. Ein Blick nach draußen genügt, um mich wieder in tiefschlafähnliche Ohnmacht zu versetzen – geschlossene Schneedecke im Garten! Armes Land.
08:00 Uhr. Beim zweiten Versuch geht es besser. Mir wird bewusst, dass ich dieses Mistwetter nur noch wenige Stunden aushalten muss. Laptop anschalten, zur Sicherheit noch mal die Wetterprognose überprüfen. Tatsache – Fuerteventura 28 Grad, wolkenlos. Also ein letztes Mal frühstücken, Proviant für die Reise einkaufen und noch zwei Folgen „24“ gucken: „I’m Federal Agent Jack Bauer and today – is the longest day of my life!“. Genau!
Der mieseste Frühling aller Zeiten hatte mich in die Buchung dieser Singlereise getrieben. Nach drei Wochen Regenwetter bei einstelligen Temperaturen war mir eines Morgens klar geworden: Entweder ich mache diesem Elend sofort ein Ende und schneide mir jetzt die Pulsadern auf, oder ich buche einen Urlaub in sonnensicherem Gelände.
Für die Pulsadern hätte ich erst noch die Messer schärfen müssen, und außerdem wird mir immer schlecht, wenn ich Blut sehe. Also entschied ich mich für den Urlaub. Da so kurzfristig keine Begleitung aufzutreiben war, geht es eben alleine los. Zum ersten Mal in meinem Leben. Schon etwas unheimlich, aber warum auch nicht? Bei der Buchung war mir eigentlich alles egal, ich hatte nur zwei Bedingungen: am Zielort muss es mindestens fünfundzwanzig Grad warm sein und aus Zeitgründen soll es ein Direktflug ab Friedrichshafen sein. Nach kurzer Recherche fällt meine Wahl auf Fuerteventura mit Halbpension und Sonnengarantie. Abflug vormittags im Schneetreiben, mittags im Meer baden. Ein fast perfekter Plan.
Drei Tage vor dem geplanten Abflug erhielt ich dann eine Info vom Reiseveranstalter, dass der Abflug aus organisatorischen Gründen leider auf den Nachmittag verschoben werden musste. Das kostete mich einen halben Tag meines Urlaubs, aber wer wird denn schon so kleinlich sein und sich davon die Urlaubsstimmung vermiesen lassen?
10:30 Uhr. Einer der Vorteile am Alleinereisen zeigt sich schon jetzt: Packen ist in einer knappen halben Stunde erledigt. Zumindest für alleinreisende Männer geht das völlig entspannt vonstatten. Für jeden Tag ein T-Shirt, Unterwäsche, Lesestoff, Kreditkarte und fertig ist die Laube. Ach ja, Sommerschuhe – ist schon so lange her, dass ich mich kaum erinnern kann, wo die verstaut sind.
11:30 Uhr. Schnell noch eine Tiefkühlpizza in den Ofen geschoben und eine letzte Folge „24“ geschaut, dann kann es losgehen. Jack Bauer steckt gerade schwer in Schwierigkeiten; um genau zu sein wird er gerade von den bösen Terroristen zu Tode gefoltert. Ich bin schon gespannt, wie er da wieder heil rauskommt, aber das muss jetzt warten.
15:15 Uhr. Der Flieger startet pünktlich vom Friedrichshafener Großflughafen – ein gutes Omen. Und der Tipp aus Timmerbergs Reise-ABC bewährt sich: Anfänger wählen einen Fensterplatz, Reiseprofis wählen Gang. Man hat viel mehr Freiraum für die Beine, zumindest für das Eine, das auf den Gang hinausragt. Und man kann immer wieder aufstehen, um sich zu strecken, ohne die ganze Sitzreihe mühsam zum Aufstehen und Auseinanderfalten zu bringen. Das werde ich auch brauchen.
18:00 Uhr. Wir sind wieder in Friedrichshafen. Nicht am Boden, nein, aber in zehntausend Metern Höhe überfliegen wir den Bodensee! Es handelt sich um eine kurzfristige Flugplanänderung, die keiner so richtig versteht. Selbst die Stewardessen sehen etwas ratlos aus. Nach dem Start fliegen wir erst mal nach Norden, machen eine Zwischenlandung in Dresden, tanken das Flugzeug auf und sammeln ein paar wartende Sachsen auf. Mein sorgfältig ausgewählter Direktflug ist damit Makulatur, aber ich weigere mich standhaft, meine Urlaubslaune davon beeinflussen zu lassen. Dresden liegt nicht gerade auf dem Weg zu den Kanarischen Inseln, aber vielleicht ist der Sprit in Dresden billig?
20:00 Uhr. Die Stewardess rammt mein in den Gang ragendes Bein mit dem Getränkewagen. Nächstes Mal nehme ich mir doch lieber wieder einen sicheren Fensterplatz. Immerhin, ihr Lächeln war die Schmerzen wert. Andererseits, ein bisschen aufgesetzt wirkte das Lächeln im Nachhinein. Je länger ich drüber nachdenke, desto mehr bekomme ich das Gefühl, dass sie es insgeheim doch ein klein wenig genossen hat, so einem lästigen Passagier mal unauffällig zu zeigen, wer hier die Lufthoheit hat. Da könnte ja Jeder kommen und einfach so den Gang blockieren…
22:00 Uhr. Endlich landet der Flieger in Fuerteventura. Wieviel Grad mag die Luft wohl haben, wenn sie sich wärmer anfühlt als die eigene Haut? Bingo! Die einstündige Busfahrt zum Hotel vergeht wie im Flug. Außer mir fährt ein Dresdner und sonst lauter Engländer in der Altersklasse Ü70 in Richtung Costa Calma. Neben mir sitzt ein 81-jähriger, der mich mit Geschichten aus dem Krieg unterhält. Ich glaube er meinte den Zweiten Weltkrieg, aber sicher bin ich mir im Nachhinein nicht mehr. Er kämpfte unter anderem in Kenia. Ich darf seinen Medikamentenkoffer tragen, weil er am Krückstock keine Hand mehr frei hat. Scheint ein ruhiger Urlaub zu werden…
23:30 Uhr. Endlich eingecheckt im Hotel Melia Gorriones. Ein erster Orientierungsgang ergibt grünes Licht in fast allen Bereichen. Poollandschaft im Palmenwald, Zimmer mit Balkon zum Meer, Doppelbett zur Alleinbenutzung. Einziges Manko: es gibt kein WLAN in den Zimmern. Für 30€ die Woche kann man in der Hotellobby online gehen. Mist, „24“ will ich nicht in der Lobby fertig schauen. Egal, um dieses Problem kümmere ich mich morgen.

Da bin ich gespannt, wie es weiter geht. Ob Jack seinen Folterern entkommen kann?
Und natürlich auch dein Urlaub… *grins*
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So, bin eben zu ende gekommen… Ich habe zu spät bemerkt, dass die ganzen sechs Seiten ein (!) Beitrag sind… Jeden Tag entspannt am Strand wandern, da lässt sich die Einsamkeit mit der Zeit doch aushalten 🙂
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Ja, die viele Zeit ganz alleine war anfangs ungewohnt, aber dann ganz entspannend. Und letztendlich war das der erste Urlaub, in dem ich vor lauter Langeweile auf die Idee kam, meine Erlebnisse aufzuschreiben…
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…der Auftakt zu ganz, ganz vielen Sinnlos-Geschichten 😉
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So beginnt es also… die längste Reise.
Wobei, eine geschlossene Schneedecke ziehe ich einem Vulkanausbruch vor. Aus der Ferne mag er ja ganz interessant aussehen, aber wenn man näher herankommt, dann wird es allmählich ungemütlich. Das mag auch für den Schnee gelten, der im Winter fehlte und sich ins Frühjahr mogelt. Aber da ist ein großer Unterschied.
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Da ist was dran, aber: Vulkane brechen fast nie aus, aber Schnee ist immer kalt. Immer.
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Stimmt. Freilich, neulich auf den Kanaren…
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