Samstag – Endlich Kultur
Als alle am nächsten Morgen wieder bei Sinnen sind, und mein Aspirin seine Wirkung entfaltet, beginnt der kulturelle Teil der Reise.
Der Plan sieht vor, dass wir einen Tagesausflug machen und alle kulturellen Sehenswürdigkeiten mit dem Doppeldecker-Hop-on-Hop-off-Bus abklappern. An der Starthaltestelle entdecken wir ein Hardrockcafe, was uns auf die Idee bringt, dass wir erstmal was Vernünftiges essen sollten. Und einen Long Island Ice Tea zur Erfrischung einnehmen, mit Rum, Gin, Wodka und Strohhalm. Und dann noch ein schnelles Bierchen. Schnell legen wir auch hier 250€ an und dann geht es endlich los. Auf der ersten Runde mit der roten Linie können wir uns noch nicht entscheiden, auszusteigen. Also zweite Chance und noch eine Runde mit der blauen Linie. An der Sagrada Familia wären wir beinahe ausgestiegen, aber die Trägheit ist größer als der Kulturtrieb und die Warteschlange an der Kasse ist dann doch zu abschreckend. Außerdem befindet sich die Kirche noch im Bau, da lohnt es sich zu warten.

Aber am Park Guelli müssen wir einen Stop einlegen. Erstens sind einige Blasen zu voll und zweitens erinnert sich jemand daran, dass in dem Park ein nettes kleines Cafe sei.
Und dort verbringen wir dann einige Stündchen bei einigen Runden Bier. Als das Niveau noch deutlich unter die Flughafenaktion sinkt, nehme ich schließlich unseren 18-jährigen Benjamin, der wie ich zum ersten Mal dabei ist, unter meine Fittiche und wir verlassen die Gruppe, um auf eigene Faust lokale Kultur zu erleben. Da warens nur noch zwei. So werden wir Zeugen der genialen Baukunst der spanischen Meister. Die Wasserwaage wurde hier offensichtlich erst später eingeführt.


Aber einige Skulpturen des spanischen Meisters Gaudi sind durchaus sehenswert:

Auch hier im Park gibt es ausreichend alkoholische Getränke:

Die Trennung von dieser Gruppe ist die beste Entscheidung des Wochenendes. Denn die Berichte über die Rückfahrt sind zwar unvollständig, verworren und teilweise widersprüchlich, aber es war wohl ungefähr so, dass mehrere Herren aus unserer Reisegruppe sich auf dem Oberdeck des Busses ihre übervolle Blase in eine Bierdose entleeren mussten. Die leider nur einen halben Liter fasste, was bei weitem nicht ausreichte. Worauf einige Gruppenmitglieder hässliche Flecken auf der Hose bekamen, Andere geistesgegenwärtig weitere Dosen füllten. Was nicht gelang, ohne dass die anderen Fahrgäste Kenntnis von diesem Vorgang erlangten und ihr Missfallen verbal und durch Körpersprache zum Ausdruck brachten. Und die dieserart brisant gefüllten Dosen wurden dann vom Aussichtsdeck des fahrenden Busses in Mülleimer am Straßenrand geworfen. Was natürlich nicht von Erfolg gekrönt war, da die Treffsicherheit zu diesem Zeitpunkt längst dem Alkohol zum Opfer gefallen war. Dies wiederum gefiel der aufsichtsführenden Busbegleiterin gar nicht. Was diese wohl dazu brachte, die Guardia Urbana an der Endhaltestelle über den Sachverhalt zu informieren. Woraufhin diese schon mit gelockerten Handschellen und Schlagstöcken und mit strengem Blick anrückten.
Was wiederum ich gesehen hatte, woraufhin ich im Gewimmel der Touristen unauffällig meine gefährdeten Kollegen in Sicherheit brachte. Allerdings, wenn ich zu diesem Zeitpunkt schon die ganze Geschichte gekannt hätte, hätte ich der Natur vielleicht ihren Lauf gelassen.

So landen wir wieder beim Hardrockcafe. Wo Domme im Vollsuff seine Freundin anruft, die seit diesem Moment seine Ex-Freundin ist. Was ihm jeder vorher gesagt hatte, aber er nicht glauben wollte.
Regel 1 für Kulturreisen: Niemals im Vollrausch seine Freundin anrufen
Im Hardrock-Cafe bekommen wir in unserem Zustand keinen Tisch mehr. Also machen wir einen Einkaufsbummel. Die Verkäuferinnen sind begeistert, als wir zu Acht wie Heuschrecken über die Läden herfallen. Ein Muss sind natürlich die gut sortierten Fachgeschäfte:

Abends lassen wir den kulturellen Tag wieder in unserer Stammkneipe mit einigen Mojitos ausklingen. Gut, dass ich schon zuvor auf Fuerteventura trainiert hatte, aber das ist eine andere Geschichte.

Obwohl der Weg von der Mojito-Bar zum Hotel Luftlinie keine 30 Meter beträgt, brauchen wir über eine Dreiviertelstunde. Bernd ist in einen hitzigen Streit mit einem Spanier verwickelt, der nur schwer von seiner Unschuld zu überzeugen ist.
Regel 2 für Kulturreisen: Niemals eine spanische Frau auf der Straße nach dem Preis fragen, auch wenn ihr Minirock noch so kurz ist. Vor allem dann nicht, wenn ihr Mann nur mal schnell eine Cola im Laden kauft.
Was nachts in den Dreierzimmern passierte, verschweige ich hier, teils aus Scham, teils weil meine Erinnerung lückenhaft und unzuverlässig ist. Außerdem kann man nie ausschließen, dass dieser Bericht auch Minderjährigen in die Hände fallen könnte. Man hat ja schließlich eine gewisse Vorbildfunktion für die jüngere Generation, auch wenn es manchmal schwer fällt.
Regel 3 für Kulturreisen: Nicht ins Waschbecken reihern, sondern ins Klo
Sonntag – Rückreise
Ich dachte eigentlich, unser Hotel hätte den einen Stern dafür, dass das Dach dicht ist. Denn etwas anderes kann ich beim besten Willen nicht entdecken, was einen Stern rechtfertigen würde. Für Kakerlaken gibt es schließlich keine Sterne. Aber das war wohl eine Täuschung, denn als ich am Sonntag früh auf der Schüssel sitze, tropft es eindeutig von oben auf mich herunter. Ich will gar nicht wissen, was in einem 1-Sternehotel so von der Decke tropfen kann. Das Zimmer darüber ist auch von unserer Reisegruppe belegt, daher sollte man sich eigentlich nicht wundern.
Dafür liegt das Hotel „verkehrsgünstig“, das bedeutet direkt im Rotlichtviertel. Am Sonntag früh werden wir gegen halb sieben von lautem Stimmengewirr geweckt: Ein Flohmarkt wurde direkt unter unserem Fenster aufgebaut. Verkauft werden Gebrauchtgegenstände, Hehlerware und Marihuana. Als Bernd laut aus dem Fenster ruft „Policia, Policia!“ löst sich dieser nette Markt in etwa 2,5 Sekunden auf. Und erst nach einer halben Stunde wird langsam wieder aufgebaut. Erstaunlich, was so harmlose Worte alles bewirken können.
Der restliche Sonntag gestaltet sich sehr anständig, ohne Alkohol und fast ohne Geschrei. Der Rückflug verläuft friedlich, weil alle schlafen. Wir hätten uns allerdings merken sollen, wo wir unser Fahrzeug 2 abgestellt hatten. Irgendwie haben Gruppen immer den Effekt, dass sich jeder auf den anderen verlässt.
Zusammengefasst muss ich sagen, dass Barcelona eine wunderschöne Stadt ist. Aber ich glaube, dies war meine erste und letzte Reise dieser Art. Für meinen Geschmack ist das einfach zu viel Kultur auf einmal.
Nachtrag: Ich habe den Verdacht, dass Wolle’s Termin in Istanbul kein Zufall war. Er war nämlich letztes Jahr am Ballermann dabei und dort war alles noch eine Nummer heftiger. Meinten die, die es wissen müssten, weil sie dabei waren, auch wenn sie sich nicht an Vieles erinnern. Aber heftiger war es, da sind sich alle einig. Und es gab jeden Tag eine Happy Hour, in der alle Getränke umsonst waren…